Buch und Regie Ruth Beckermann Bild Peter Roehsler Montage Gertraud Luschützky MAZ-Schnitt Manfred Neuwirth Produktion Josef Aichholzer
Book and direction Ruth Beckermann Cinematography Peter Roehsler Editing Gertraud Luschützky MAZ-Cut Manfred Neuwirth Production Josef Aichholzer
Wien 1996 / Wiener Filmpreis
Berlin 1997
Paris 1997 / Prix spécial du Jury
Nyon 1997
Vienna 1996 / Vienna Film award
Berlin 1997
Paris 1997 / Spécial Jury Award
Nyon 1997
Für mich war völlig klar, dass ich die Fotos in der Wehrmachtsausstellung nicht filme, weil das meinen Fokus auf die Erinnerung zerstört hätte. Es wäre eine Gegenüberstellung geworden zwischen historischen Fakten und Erinnerung, eine Gegenposition, wo du dich dann fragst: Okay, der sagt das, doch auf dem Foto seh' ich das Gegenteil.
Oft war es so, dass ich durch die Begegnung mit jemandem total überrascht war. Vermeintliche Nazis stellten sich als Widerständler raus und umgekehrt. Man ist voller positiver und negativer Vorurteile, wenn man an einen Menschen herantritt. Ich will die aber nicht bestätigt wissen, sondern überrascht werden. Wenn ich jemanden nur „abfrage“ und der mir die Antworten gibt, die ich eh schon vorher kannte, ist es platt. Für mich ist ein Gespräch eine erotische Geschichte, wo sich manchmal in wenigen Minuten etwas ergibt zwischen dir und dieser Person.
Manchmal wundere ich mich schon, was mir die Leute alles erzählen. Ich glaube, das hat auch damit zu tun, dass ich ehrlich an sie herangehe, dass sie nicht das Gefühl haben, da möchte sie jemand übers Ohr hauen. Das ist wie ein Schalter, den ich umlegen kann beim Drehen. Ich konzentriere mich ganz stark auf diesen Menschen und dann fallen mir Fragen ein, die ich mir nie vorher überlegt hätte: Ah, da ist vielleicht eine Unsicherheit – also fragst du jetzt das. Das ist total aufregend!
It was perfectly clear to me that I would not show the photos from the Wehrmacht exhibition, because that would have destroyed my focus on memory. It would have led to a comparison between historical facts and memory, establishing a dichotomy between what is said and what is shown.
During East of War, I was often very surprised by my encounters with people. Presumed Nazis turned out to be resistance fighters and vice-versa. One is full of positive and negative prejudices. I do not want these validated—I prefer to be surprised. If I am doing an interview with someone and I already know the answers, it falls flat. For me a conversation has an erotic note to it: something can happen between you and the other person in a matter of minutes.
Sometimes I am really amazed by how much people tell me. I think it has to do with how I approach them in an honest way, so they do not get the feeling I want to take advantage of them. It is like a switch I can turn on during shooting. I concentrate very closely on the person in front of me and then questions that I had never considered suddenly occur to me: “Ah, I sense an insecurity there—so I better ask about it right now.” It is very thrilling.
Jean Perret
Jenseits des Krieges ist ein Film mit Gesichtern und Stimmen in Nah- und Großaufnahme. Sie bilden spannende Landschaften, in denen versucht wird, die verschütteten Wahrheiten auszugraben, die Lügenstrategien, die Neurosen, die Erinnerungsbrüche wie auch die Verschleierung, die Verschiebung von Tatsachen in fiktive, beruhigende Überbleibsel. Der Duktus ist bezeichnend für dieses Schauspiel, die Wortwahl, die Verkettung der Sätze, die selten von Zögern noch von Wiederholung noch Zweifel geprägt sind.
In der Tiefe des Films ist genau dieser Zweifel der große Abwesende. Folglich musste für den Film die radikale Entscheidung getroffen werden, nichts von der eigentlichen Ausstellung zu zeigen. So sieht man verschwommene Schwarzweißfotografien und montierte Texte nur aus einiger Entfernung. Dieser unscharfe Nebenschauplatz ist überaus spannend, weil er in Form eines grauen Hintergrunds dennoch Teil der Anlage des Films ist.
Jacques Mandelbaum
Ruth Beckermanns Film dupliziert die Ausstellung nicht, er beginnt dort, wo sie endet: im Kommentar dazu. Sein Thema ist weniger die Geschichte als das Erinnern, weniger die Vergangenheit als die Gegenwart. (...) Die „schlechte“ Bildqualität, das Neonlicht, die langen, fixen Einstellungen auf die ehemaligen Soldaten, die ihre letzten Kräfte in eine Schlacht werfen, von der sie längst wissen, dass sie verloren ist, tragen nicht wenig zur frappierenden, beinahe experimentellen Dimension dieses Films bei.
Jean Perret
East of War is a film of faces and voices captured in close-up. Together they form fascinating landscapes where attempts are made to excavate buried truths, the lies, the neurosis, the gaps in memory, the deceptions, and the displacement of facts with fictious, reassuring remains. The speech cadences are characteristic of this type of spectacle; in the word choices, and the sequences of sentences that rarely show signs of hesitation, repetition or doubt.
At the film’s core lies precisely this absence of doubt. Hence, the film made the radical decision not to show anything from the actual exhibition. Blurred black and white photographs and texts are only visible from a distance. This fuzzy secondary setting is fascinating in the way it too becomes a site in the film in the form of a gray background.
Jacques Mandelbaum
Ruth Beckermann’s film doesn’t duplicate the exhibition, but begins where it ends: in a commentary. Its subject-matter is less about history than remembering, less about the past than the present. (…) The low image quality, the neon light, the long shots of former soldiers who put up a last effort for a long-lost battle, all contribute to the striking, nearly experimental dimension of the film.