Ein Film von Ruth Beckermann Bild Nurith Aviv, Sophie Cadet Ton Bruno Pisek Montage Gertraud Luschützky Komposition Bruno Pisek, Peter Ponger, Ernst Zettl Tonschnitt Johannes Konecny Mischung Hannes Eder Musik Kronos Quartett Produktionsleitung Gabriele Kranzelbinder Produktion Josef Aichholzer
A film by Ruth Beckermann Cinematography Nurith Aviv, Sophie Cadet Sound Bruno Pisek Editing Gertraud Luschützky Composition Bruno Pisek, Peter Ponger, Ernst Zettl Sound editing Johannes Konecny Mixing Hannes Eder Music Kronos Quartett Production management Gabriele Kranzelbinder Production Josef Aichholzer
Wien 1999
Berlin 2000
Karlovy Vary 2000
Vancouver 2000
Vienna 1999
Berlin 2000
Karlovy Vary 2000
Vancouver 2000
Bis zu Ein flüchtiger Zug wollte ich eigentlich immer Filme gegen das Bild machen. Erst später ist mir klar geworden, dass ich von dem ausgehe, was zwischen den Bildern ist. Ich glaube, es hat sogar mit dem Bildverbot zu tun. Ich bin nicht religiös, aber diese ganze Tradition der Schriftkultur ist sehr tief bei mir verankert. Ich komme ja ursprünglich auch vom Schreiben – da kann man sich als Leser selber was dazu denken.
Wenn jemand etwas erzählt so wie Franz West in Wien retour, dann geht es mir darum, dass der Zuschauer sich das vorstellen kann und ich es nicht auch noch zeige. Also um eine ganz starke Reduktion: Was ist das Minimum, das ich dir geben kann, das ich dir zeigen kann und das einen Raum eröffnet, den du selber ergänzen kannst?
Das ist mir erst bei Ein flüchtiger Zug bewusst geworden, als ich es ganz radikal durchbrochen und fast das Gegenteil gemacht habe. Das heißt, ich bin – für mich nicht zufällig – nach Ägypten gegangen, in das Land der heidnischen Götter, aus dem man ausziehen musste, um zum Monotheismus zu gelangen. Das war der Schritt, sich in die Bilderlust hineinzuwerfen und wirklich Bilder zu machen. Genau das habe ich mir davor eigentlich versagt. Ich habe immer lang überlegt, was kann ich noch weglassen, wie kann ich es auf etwas ganz Stringentes reduzieren.
Until A Fleeting Passage to the Orient I wanted to make films that work against the image. Only later did it become clear to me that my work centers on what happens in between the images. It might even have something to do with aniconism. I am not religious, but the tradition of written culture is deeply rooted in me. I originally started out as a writer—and literature is all about imagination.
When somebody tells a story, like Franz West does in Return to Vienna, I want the viewers to be able to picture it for themselves without showing it in the film. I aim for reduction to create space for the viewer’s own reflection. I first became aware of this with A Fleeting Passage, when I radically departed from my approach and did almost the exact opposite of what I used to do. To my mind, it is no coincidence that I went to Egypt, the land of ancient gods that had to be abandoned by Moses’ people to attain monotheism. This step—throwing myself into visual pleasure and truly creating images—was exactly what I had always denied myself before. I always thought very long and hard about what I could leave out to reduce the film to its most compelling essence.
Vrääth Öhner
„Wir reisen, soviel ich weiß, nicht zu unserem Vergnügen. Wir sind blöd, aber so blöd sind wir nun doch wieder nicht.“ Die Bemerkung stammt zwar von Samuel Beckett, aber Kaiserin Elisabeth von Österreich bzw. auch Ruth Beckermann hätten ihr wohl zugestimmt. Man darf sich in dieser Frage keiner Illusion hingeben: Das Konzept der Bildungsreise verschwindet mit dem 19. Jahrhundert. Seither geht es beim Reisen eher darum, Altes wenigstens zeitweilig hinter sich zu lassen. Reisen heißt immer auch, vor etwas auf der Flucht sein, das man nicht loswerden wird.
Auf der Flucht war Sissi vor dem Drängen des Gatten, den repräsentativen Pflichten einer Monarchinnen-Existenz, der Geheimpolizei, den Schaulustigen. Auf der Flucht aber war sie auch vor dem Bild, das sie sich selbst und das erst recht die anderen sich von ihr machten. Ab ihrem 31. Lebensjahr gibt es kein Foto mehr von ihr. Ein Entzug an öffentlicher Sichtbarkeit, der ihren Mythos begründen hilft.
„Wie wird man zum Mythos?“ fragt Beckermann im Film. „Entweder jung sterben oder aus dem Bild verschwinden und weiterleben.“ Ein flüchtiger Zug nach dem Orient will aber weder die bloße Rekonstruktion einer kaiserlichen Reiselaune noch die Dekonstruktion eines habsburgischen Mythos betreiben. (…)
Genau genommen unternimmt Beckermanns Kommentar die eigentliche Reise, er versucht, von den in Ägypten gefundenen Bildern wie von der Vergangenheit loszukommen, ohne beide gänzlich loszuwerden. Eine gelungene Geste der Befreiung.
Vrääth Öhner
“We’re not traveling for the pleasure of it, as far as I know. I know we’re daft, but not to that extent.” Though the comment comes from Samuel Beckett, the Empress Elisabeth of Austria along with Ruth Beckermann probably would agree with it. One shouldn’t harbor anymore illusions regarding this issue: the concept of the Bildungsreise vanishes with the coming of the 19th century. Since then, traveling has more to do with temporarily leaving the familiar behind. Traveling also means to be on the run from that which one cannot escape.
Sissi herself was on the run from marital pressures, her monarchial duties, the secret police and the curious onlookers. But she was also escaping the image that she and eventually others had made of her. With no more photos of her after the age of 31, her own withdrawal from public life helps to establish her legend.
Strictly speaking, it is Beckermann’s narration that undertakes the actual journey by trying to free itself from the images found in Egypt as well as the past, without entirely letting go of either. A successful gesture of liberation.